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Bau

Ein Instrument entsteht

Erläuterungen zu den einzelnen Arbeitsschritten werden im Leuchtkasten eingeblendet. Viel Vergnügen!

Lack? Porenfüller!

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass dem Lack eine wesentlich unbedeutendere Stellung bezüglich des Klanges eines Instruments gebührt, als immer behauptet wird. Hingegen verdient der sogenannte Porenfüller, eine Schicht zwischen Holz und Lack, diesbezüglich deutlich mehr Aufmerksamkeit. Er nämlich hat die wichtige Aufgabe, ein Eindringen des Lackes in das Holz zu verhindern. Er soll also die durch die Bearbeitung offengelegten Zellinnenräume der Holzoberfläche auffüllen und so gleichsam den Estrich der Lackierung bilden.

Öle und Öllacke kommen als alleinige Komponenten aufgrund ihrer hohen Kriechfähigkeit nicht in Frage. Sie würden über die Tüpfel in den Zellwänden (Bild 3 und 5) tief in die unteren Zellschichten eindringen und nach ihrer Aushärtung das Holz klanglich beschädigen. Vorwiegend wässrige, aber auch alkoholische Präparationen lassen die Fähigkeit vermissen, das Holz optisch 'anzufeuern' und so ein Tiefenlicht zu erzeugen.

Im Jahr 1989 erschien im Strad Magazine ein zweiteiliger Artikel¹, in dem die Ergebnisse einer Untersuchung von Porenfüllern auf mehreren Fragmenten alter italienischer Instrumente, darunter auch solche von Strad-Geigen, veröffentlicht wurden. Die Untersuchungen mit Hilfe eines Elektronenmikroskops und EDAX² zeigten deutlich, dass eine mineralische Substanz ein wesentlicher Bestandteil des Porenfüllers ist. Dabei fällt ihre besondere Feinkörnigkeit und die verblüffende Gleichmässigkeit der Korngrösse auf.

Dies, so war ich überzeugt, könnte des Rätsels Lösung sein. Würde man beispielsweise einen Öllack mit einem derart feinen Pulver (Korngrösse deutlich unter 10µm) verarbeiten, bekäme man eine Paste (ähnlich einer Tubenfarbe), bei der die Kriechfähigkeit des Bindemittels weitgehend gebannt wäre und die sich leicht auf die Holzoberfläche auftragen liesse. Doch wie war es den Geigenbauern (oder ihren Zulieferern?) dieser Zeit möglich, eine dermassen geringe und vor allem gleichmässige Korngrösse zu erzielen und für welches Mineral sollte ich mich entscheiden?

Ein Qualitätsmerkmal erstklassiker altitalienischer Lacke und Porenfüller ist, wie wir wissen, ihre Transparenz. Es musste also ein Mineral sein, das in einem Bindemittel aufgrund eines ähnlichen Lichtbrechungsindexes durchsichtig wird wie Glas. Vulkanisches Glas - Bims! Vesuv, Ätna und die Liparischen Inseln liegen vor der Haustür...

Nach einigen Versuchen gelang es mir, mit einem einfachen Verfahren diese feine und gleichmässige Korngrösse zu erreichen. Ein Verfahren, wie es auch die alten Meister hätten anwenden können: Den Bims so fein wie möglich mahlen und dann in reichlich Wasser aufschlämmen. Was sich nach einer bestimmten Zeit nicht als Sediment am Gefässboden absetzt wird abgegossen und stehen gelassen, bis das Wasser völlig klar ist. Nach erneutem Abgiessen kann nun das Sediment getrocknet und zusammen mit dem Bindemittel mittels eines Läufers zu einer Paste angerieben werden.

Ein glücklicher Zufall verhalf mir einige Zeit später zu einer Überprüfung meiner Proben unter einem Elektronenmiskroskop. Danke Jörg! Einige der Aufnahmen möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten. Erläuterungen werden auch hier im Leuchtkasten eingeblendet.

¹ 'Firm ground? Old ground layers under the microscope', Parts 1 & 2. C.Y. Barlow & J. Woodhouse. The Strad, March and April 1989
² Energy Dispersive Analysis by X-rays, ein Analyseverfahren, das Aufschluss über die Elementzuammensetzung der Probe gibt.